Im Duft des Windes
Ich würde nicht so weit gehen, mich als Kulturbanausen zu bezeichnen. Aber sicher bin ich nicht der Typ, der stundenlang durch Museen rennt, eher eine Vernissage als das Stadion besucht oder endlos über einen Pinselstrich philosophieren kann. Kunst muss mich ansprechen, meine Sinne rühren oder mich überraschen. Genau das widerfuhr mir vor einer Woche bei einem Ausflug in die Südtiroler Berge. Auf 2200 Metern Höhe, auf der Röschitzalm oberhalb von St. Ulrich im Grödnertal, hat der Bildhauer Wilhelm Senoner sieben lebensgroße Bronzefiguren platziert. Die Ausstellung heißt nicht umsonst „Im Duft des Windes“.
Bronzegesellen auf der Bergkuppe
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Wie Comici
Mit den Fußspitzen stehe ich sicher auf einem kleinen Felsvorsprung, die Fersen hängen in der Luft. „Du musst immer erst nach unten schauen“, hat mir Bergführer Albin Markart aus Wolkenstein in Südtirol eingeschärft. „Wichtig ist, dass du einen sicheren Stand hast. Dann kannst du dich auf den nächsten Schritt konzentrieren.“ Der Dolomit-Fels fühlt sich unter meinen Händen angenehm warm an. Die Wand liegt in der Sonne. Hier ist schon Emilio Comici geklettert.
Dolomiten-Kletterei
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Sonnenaufgang mit Weichei
Der Wecker gehört nicht zu meinen Freunden. Manchmal wird er sogar zum Feind. Wie heute morgen, als er um 3.40 Uhr klingelt. Eine unchristliche Zeit, die mit meinem Biorhythmus in etwa so vereinbar ist wie das Oktoberfest für einen Antialkoholiker. Doch die Sonne schert sich nun einmal nicht um Morgenmuffel. Wer sie aufgehen sehen will, muss früh aus den Federn. Am Vorabend habe ich meine Bergklamotten bereits so weit vorbereitet, dass ich, noch im Halbschlaf, nur hineinschlüpfen muss. Den Blick in den Spiegel schenke ich mir, nach einem Zombie ist mir am frühen Morgen nicht zu Mute.
Langkofel im ersten Sonnenlicht
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Bedrohte Sprache
Eigentlich wollten wir heute den Sonnenaufgang auf einem Berg im Grödnertal in Südtirol genießen. Doch Petrus hatte noch nicht zu Ende geweint. Erst im Laufe des Vormittags verzogen sich die letzten Wolken über Wolkenstein und machten den Blick frei auf die Felsen der Sella-Gruppe. Zeit, sich mit den Menschen dieser Region vertraut zu machen. Das Grödnertal ist eines der wenigen Gebiete Europas, in denen gleich drei Sprachen gesprochen werden: Italienisch, Deutsch und Ladinisch.
Ich sehe, dass ich wenig sehe
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Noch hundert Tage
Es war Zufall, dass mein heutiger Termin bei der Kardiologin genau auf den Tag fiel, an dem es noch hundert Tage bis zum Beginn der Expedition zum 7246 Meter hohen Putha Hiunchuli in Nepal sind. Nicht ganz zufällig hatte ich um den Routine-Check nachgesucht. Schließlich sollte man vor einer Tour wie dieser so viele Risiken wie möglich ausschließen. Und in extremer Höhe dürfte sich eine schwache oder anfällige Pumpe schnell als extremer Nachteil herausstellen.
Nach eingehender Untersuchung und Belastungs-EKG attestierte mir die Herzspezialistin, dass ich gut in Form sei. „Achten Sie darauf, dass Sie sich genügend Zeit nehmen, um sich zu akklimatisieren“, gab mir die Ärztin mit auf den Weg. Sie weiß, wovon sie spricht. Ihr Bruder hat immerhin drei Achttausender bestiegen. „Gesund ist das nicht gerade“, sagte die Kardiologin und lächelte.
Aufstiegsroute liegt auf der Hand, oder?
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They always come back
Der Karakorum füllt sich. Einige Expeditionsteams haben sich auf den Weg zu den Achttausendern in Pakistan gemacht. Unter den Anwärtern befinden sich prominente Namen. So will der Österreicher Gerfried Göschl mit seinem Landsmann Günther Unterberger, dem Kanadier Louis Rousseau und dem Spanier Alex Txikon zunächst („zur Akklimatisation“) den Gasherbrum I besteigen, um sich anschließend am K 2 an einer neuen Route durch die Ostwand zu versuchen. Im März waren Göschl, Rousseau und Txikon mit ihrem Plan gescheitert, den G I erstmals im Winter zu besteigen.
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Gelesen: Kein Weg zurück
„Das stärkste Buch über ein Bergunglück seit Jon Krakauers ‹In eisige Höhen›“? Mit dieser Formulierung aus einer Rezension, mit der auf dem Einband von Graham Bowleys „Kein Weg zurück“ geworben wird, tue ich mich schwer. Kann ein Buch über eine Tragödie, die Menschenleben kostete, wirklich „stark“ sein? Es geht um das Drama am K 2, bei dem im August 2008 in der Gipfelregion des zweithöchsten Bergs der Erde elf Bergsteiger ums Leben kamen.
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Berg(ischer)lauf
Noch 104 Tage bis zum Beginn der Expedition zum Putha Hiunchuli. Heute wollte ich meine Kondition ein bisschen genauer unter die Lupe nehmen. Testgelände war die Sengbachtalsperre, vor den Toren Kölns im Bergischen Land gelegen. Die Runde ist etwa zehn Kilometer lang und hat familiäre Tradition: Meine Eltern gingen dort mit uns häufig an Wochenenden wandern, um nicht zu sagen sehr häufig. Und auch meine eigenen Kinder sammelten dort erste Wandererfahrung.
Laufen im Bergischen Land
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Mit dem Kamel zum K 2
Das Ehepaar mit der weltweit größten Achttausender-Erfahrung ist wieder unterwegs. Gerlinde Kaltenbrunner, die 13 der 14 höchsten Berge der Welt bestiegen hat, und ihr Ehemann Ralf Dujmovits, der schon auf allen Achttausendern stand, haben sich auf den Weg zum K 2 gemacht. Sie wollen den zweithöchsten aller Berge über die selten versuchte chinesische Nordseite besteigen. Heute Mittag, kurz vor ihrem Abflug vom Frankfurter Flughafen Richtung Asien, telefonierte ich noch mit Gerlinde und Ralf (Unten könnt ihr die beiden auch hören).
Gerlinde und Ralf
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Jimmy Roberts, Vater des Trekkings in Nepal
„Die Gipfelkuppe war deutlich steiler als die unteren Hänge, aber ohne wirkliche technische Schwierigkeiten“, schrieb James Owen Merion, genannt „Jimmy“ Roberts. Der Engländer bestieg gemeinsam mit dem Sherpa Ang Nyima am 11. November 1954 erstmals den Putha Hiunchuli – jenen 7246 Meter hohen Berg in Nepal, an dem auch ich mich im Rahmen einer kommerziellen Expedition im Herbst versuchen will. Am Gipfel genoss Roberts die Aussicht: „Um 13.13 Uhr, vier Stunden nachdem wir das oberste Lager verlassen hatten, schauten wir voller Dankbarkeit auf im Süden gelegene Meer grüner Hügel, Täler und das Land, das wir sechs Wochen zuvor durchquert hatten.“
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Der müde Everest
Vielleicht erinnert ihr euch noch an das Telefonat, das ich vor der „Besteigungs-Saison“ mit dem Mount Everest führte. Jetzt will ich doch mal nachhören, wie es ihm so ergangen ist. Ich wähle über das seit neuestem bestehende Breitbandnetz seine Handynummer. Er meldet sich erst nach dem zehnten Klingeln mit müder Stimme.
Hallo, hier Chomolungma, wer da?
Hier ist Stefan. Habe ich dich etwa geweckt? Es muss bei dir doch schon Mittag sein?
Ich habe zur Abwechslung mal länger in den Federn gelegen. Nach dem Stress der vergangenen Monate habe ich mir den kleinen Schönheitsschlaf ja wohl mehr als verdient.
War es so schlimm?
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Apa hört auf
Apa Sherpa hängt die Expeditionsschuhe an den Nagel. „Ich habe mich entschlossen, damit aufzuhören. Jedes Mal, wenn ich den Everest besteige, macht sich meine Familie Sorgen um mich“, sagte der wahrscheinlich (so genau lässt sich das nicht mehr rekonstruieren) 51 Jahre alte Sherpa in Kathmandu. „Das Alter holt mich ein.“ In diesem Frühjahr hatte Apa erneut den 8850 Meter hohen Gipfel des höchsten Bergs der Erde bestiegen und seinen eigenen Rekord aufgestockt: „Ich habe mein Leben riskiert und 21 Mal für mein Land den Mount Everest bestiegen. Jetzt sind die jüngeren Bergsteiger am Zuge. Ich wünschen ihnen dafür alles Gute.“
Apa Sherpa nimmt seinen Everest-Hut
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Die erste Deutsche auf dem Lhotse
Was wohl Miss Hawley dazu sagt? Billi Bierling, in der nepalesischen Hauptstadt Kathmandu lebende deutsche Bergsteigerin, Journalistin und Helferin der legendären Himalaya-Chronistin Elizabeth Hawley, hat ihren dritten Achttausender bestiegen. Am 26. Mai erreichte Billi den 8516 Meter hohen Gipfel des Lhotse – kurz bevor die Sonne aufging. „Es ist immer schwierig, die Schönheit der Umgebung wahrzunehmen, wenn du auf einem Gipfel stehst“, schreibt Billi in ihrem Blog. „Erstens weil du weißt, dass du erst den halben Weg geschafft hast und wieder hinunter musst, zweitens wegen der Kälte. Aber der Anblick von Everest und Makalu war wirklich atemberaubend.“
Billi Bierling auf dem Gipfel des Lhotse
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Schwarze Liste
Wieder einer. Langsam wird es mir unheimlich. Der Niederländer Ronald Naar ist die Nummer sechs in der Liste der Bergsteiger, die ich 2004 auf meiner Trekkingreise zum Basislager des K 2 in Pakistan kennenlernte und die inzwischen nicht mehr unter den Lebenden weilen. Naar starb nach einem abgebrochenen Gipfelversuch am Achttausender Cho Oyu. Der 56-Jährige kollabierte kurz nachdem er seinen Gefährten gesagt hatte, er fühle sich nicht wohl.
Ronald Naar, 1955-2011
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Schweizer Uhrwerk mit Hirn
Ueli Steck kann auch umkehren. Fast wie ein Schweizer Uhrwerk hatte der für seine Schnelligkeit am Berg bekannte Topkletterer zuletzt die Achttausender abgehakt. Zunächst durchstieg er am 17. April in zehneinhalb Stunden die Shishapangma-Südwand – und das im Alleingang. Knapp drei Wochen später, am 5. Mai, stand Ueli gemeinsam mit dem US-Amerikaner Don Bowie auf dem 8188 Meter hohen Gipfel des Cho Oyu. „Das war mein zweiter Gipfel über 8000 Meter innerhalb von 18 Tagen. Ich habe schon beim Losgehen gemerkt, dass ich nicht mehr ganz so frisch war wie am Shishapangma. Trotzdem bin ich guter Dinge“, schrieb der 34-Jährige anschließend auf seiner Homepage. „Es war ein schöner Berg.“
Ueli am Cho Oyu
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